Vernichtet die Wissenschaft!


… denn sie trägt die Schuld an allem. Das zumindest lehrt uns der Film „Battleship“ (2012) in einer solch konsequenten Hirnschissigkeit, dass er einwandfrei als Blaupause für intellektuelle Endstufen des Homo sapiens à la Querdenken und EIKE e.V. dienen kann.

Geboren in der Überheblichkeit einer unsinkbaren Titanic, hat sich die gierige Ignoranz als Quell aller möglichen Filmkatastrophen in Hollywood festgesetzt. Da kommen verantwortungsbewusste Leute um die Ecke, warnen aus gutem Grund vor einem bissigen Hai, einer explodierenden Bohrinsel oder dem öffnen einer sonstigen Box der Pandora – doch niemand hört zu und alles endet übel. Diese Storyline kann als Aufruf interpretiert werden, doch bitte auf die Wissenschaft zu hören. Klingelt da was im Jahre 2023?

Nun gibt es leider viele Geister, die lieber verdrängen als zu verstehen, lieber mit bunten Luftballons in der Hand durchs Dunkel tapsen, anstatt sich am Licht der Wahrheit die zarten Pfötchen zu verbrennen. Die Macher hinter dem Film „Battleship“ (quasi das abstruse Gegenmodell zu „Contact“ von 1997) scheinen solche Geister gewesen zu sein. Zumindest ist ihr Machwerk ein ganz übler Schrei nach: „Besser nichts wissen, vernichtet die Wissenschaft!“


Schon im Trailer wird der Ozean – metaphorisch das Unbewusste bzw. Unerforschte – als Hort des Bösen etabliert. Hier lauert die Gefahr, was aus ihm auftaucht sollte besser weggeballert werden. Doppelt gemoppelt, denn das Böse in „Battleship“ stammt ursprünglich aus den Tiefen des Universums – metaphorisch ein ebenso unerforschtes Terrain. Die Duftmarke ist also gesetzt: Das unbekannte Terrain ist die Brutstätte des Bösen.

Wissenschaft erforscht dieses Unbekannte, versucht es zu verstehen und für uns Menschen nutzbar zu machen. Um in der Bildsprache von „Battleship“ zu bleiben: Wissenschaft stößt in die Tiefen von Ozean und All hervor und ist dabei mit Neugierde und Offenheit bewaffnet. In „Battleship“ mutet dieser Wissensdurst (ohne den wir noch heute nackig durch die Steppe hüpfen würden) naiv an und sorgt natürlich für ein grandioses Disaster. Es beginnt mit einer Botschaft ins All, in Richtung eines möglicherweise belebten Planeten. Die Botschaft wird aufgenommen und das gesichtslose Böse fühlt sich eingeladen, auf der Erde militärisches Rambazamba zu spielen. Ist ja logisch – was denn sonst? Die Wissenschaft spielt also die Rolle eines dummen Kindes, das den tollwütigen Dobermann von der Leine lässt. Man ist versucht zu sagen: Als würde Wolfgang Kubicki der FDP aus dem IPCC-Bericht vorlesen (was er mit Sicherheit nicht tut).

Spulen wir knapp eine Stunde vor: Nach viel sinnlosem Geballer und ebenso sinnlosem Schauspiel von Rihanna (die ich mal im Mainzer Landtag auf dem Klo getroffen habe) muss das Böse besiegt und seine Wiederkehr verhindert werden. Besiegt wird es mit Waffen und markigen Sprüchen, denen gegenüber Conan wie ein großer Denker wirkt. Doch damit nicht genug, wir wollen ja des Bösen Wiederkehr verhindern. Und das geht so (ab Minute 5):


Während zu schlechter Rockmusik auf den Ausländer… ääähh… das Alien eingeschwartet wird, senden die vom Alien okkupierten Radioteleskope die nächste fatale Botschaft an dessen Heimatplaneten – sie bitten um Verstärkung. Schon wieder: Geräte der Wissenschaft im Dienste der Menschheitsvernichtung! Doch die verschwitzten Soldaten kennen da nix: Mit einiger Mühe (und vorhersehbarem Erfolg) ballern sie die schönen Radioteleskope rechtzeitig zu Asche. Was ein Glück für die Menschheit, dass diese schändlichen Geräte vernichtet wurden. Nun kann dieser elende Wissensdurst keinen weiteren Schaden mehr anrichten, die Zukunft wird zum friedlichen Bälleparadies der Agonie.

Zwei paar spannende Details:

  1. Der Tpy, der dem Alien einen Koffer um die Backen haut, ist einer der (wenigen) Wissenschaftler im Film. Bis zu dieser Szene war er nutzlos, durch den Lockruf zu Beginn des Films sogar schädlich. Doch endlich hat seine Existenz einen Sinn, indem er mit einem Koffer auf den Fremden einschlägt.
  2. Unter seinem Helm macht das Alien den Eindruck eines netten Bibliothekars. Und wie wir spätestens seit der Undenlichen Geschichte wissen, sind Bibliothekare die Hüter des Wissens. Klar: Dem Typ schlagen wir direkt mal seine Backenzähne aus dem Gesicht.

Nun weiß ich auch nicht, ob ich mit diesem Artikel eine tiefenpsychologische Filmanalyse oder eine links-grün-woke Überinterpretation geliefert habe. Überhaupt sollte man nicht alles ernst nehmen, was geschrieben steht oder im Kino läuft. Doof ist „Battleship“ allemal, filmisch reizvoll ist er höchstens auf der Ebene der technischen Perfektion. Und daher schauen wir zu guter Letzt dem großartigen Leslie Nielsen tief in die Augen – und fragen uns: Ist diese Szene aus „Die Höllenfahrt der Poseidon“ (1972) in ihrer Analogie zur heutigen Zeit nur Zufall… oder Chiffre?

Und was – verdammte Monsterwelle! – wusste Captain Harrison?

Über Dominic Memmel

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