Begriffe aus der Ego-Hölle: „Menschlichkeit“


Sie klingt so schön, sie steht auf vielen wertlosen Papieren an oberster Stelle – und sie behauptet über sich selbst, dass sie den Menschen vom Tier unterscheidet. Doch blickt man ihr tief in die Augen, dann ist sie eine Lüge an uns selbst: Die Menschlichkeit.

Weder eine Gottheit, noch ein nicht-menschliches Lebewesen hat dem Homo sapiens den Moralbegriff der Menschlichkeit auf seine schöne Stirn ettiketiert. Das waren wir selbst – ganz schön schamlos. Was genau der Homo sapiens mit seiner Menschlichkeit über sich behauptet, sagen uns die Synonyme: Güte, Nächstenliebe, Uneigennützigkeit, Mitleid, Zuwendung, Barmherzigkeit. All diese schönen Ideen, kulturgeschichtlich eng mit dem christlichen Gott verknüpft, firmiren unter der Menschlichkeit – sie scheinen uns vom Tier zu unterscheiden und einer Idee der Göttlichkeit nahe zu bringen.

Klingt schön, doch hinter der Fassade stinkt es gewaltig: Russlands faschistoider Wahnsinn in der Ukraine. Der Terror der Hamas. Beatrix von Storch will Flüchtlinge erschießen, Jens Spahn hält ihre Flinte. Olaf Scholz macht Machtpolitik auf dem Rücken seiner Kinder (oh… wait… Scholz hat keine Kinder). Kinderkreuzzüge. Der Holocaust. Jeffrey Dahmer. Häusliche Gewalt. … Man könnte hier nun eine bibeldicke Liste der Unmenschlichkeiten entgegen stellen und würde nur ein weiteres Mal aufzeigen, dass der Homo sapiens so gutherzig nicht ist, wie er meint. Aber lassen wir das: Wer auf Gewaltpornos steht, wird ja heute (2023) schon mit der Tagesschau befriedigt.

Bei allen unmenschlichen Schweinereien, die wir uns im Namen einer narzisstisch überhöhten Menschlichkeit erlauben, ist es doch vor allem der Begriff selbst, der uns narzisstisch überhöht. Nur der Homo sapiens sei menschlich, nur er kenne Güte, Nächstenliebe, Uneigennützigkeit, Mitleid, Zuwendung, Barmherzigkeit – ja letztendlich die Liebe selbst. Das sei die Menschlichkeit, die uns vom Tier unterscheide.

Was uns wirklich vom Tier unterscheidet, das ist der Intellekt. Die wahre Menschlichkeit ist also beiliebe keine Funktion des Fühlens (Güte usw.), sondern eine Funktion des Denkens: Auch der Holocaust war menschlich, denn er war rational durchdacht und strategisch gut geplant. Das angeblich große, gottnahe und gütige Menschenherz ist dagegen eine der größten Selbstlügen unserer Art.

PS: Vielleicht ist es auch der Narzissmus, der uns Menschen exklusiv gegeben ist. Von Narzissmus bei Tieren (oder gar Pflanzen) habe ich noch nichts gehört.

Über Dominic Memmel

Eine gesunde Mischung aus Kommunikation & Menschenkenntnis
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2 Antworten zu Begriffe aus der Ego-Hölle: „Menschlichkeit“

  1. Guenter Schwarz schreibt:

    Hallo Dominic, das ist wieder mal ein super Beitrag von dir, der meine volle Zustimmung hat. Vielen Dank! Schon in Überschriften wie z.B. „Mensch und Natur“ zeigt sich diese narzisstische Überheblichkeit. Das Raubtier Mensch hat sich scheinbar von der Natur abgekoppelt. Oder schlimmer noch – meint über ihr zu stehen und sie beherrschen zu können. Die Adjektive „menschlich“ und „tierisch“ werden oft synonym für „gut“ und „böse“ verwendet. Dabei wird verdrängt, dass die Geschichte der Menschheit vorrangig eine Geschichte von Kriegen ist. „Wenn die Sprache nicht stimmt, ist das was gesagt wird nicht das was gemeint ist.“ Konfuzius Übrigens gilt das auch für solche Wörter wie „grün“ oder „nachhaltig“. Grün ist eine Farbe. Weder Strom noch Wasserstoff sind grün. Beide sind farblos und helfen der Natur nicht. Nachhaltig ist nur der Müll, den der Mensch produziert. Leben ist Stoffwechsel, Evolution, Werden und Vergehen, fressen und gefressen werden. Panta rhei! Günter

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