Zum Tode von Franz Beckenbauer


Ich kann mich noch sehr gut an jenen Tag erinnern, als eine ähnliche Ikone wie unser Kaiser Franz B. gestorben ist. Damals stand ich mit einem Kollegen hinter der Theke der Kneipe unseres Kulturzentrums, als plötzlich der Basti herein stürzte und rief: „Johnny Cash ist tot!“ Es war ein schrecklicher Moment, wir löschten sofort alle Lichter, stellten Kerzen auf die Tische und spielten die einzigen zwei Alben dieses Großmeisters der Country-Musik in Dauerschleife. Den einen Gast, der sich darüber beschwerte, warfen wir kurzer Hand hinaus und gaben ihm obendrein noch einen Monat Hausverbot. Ich hoffe, er hat seine Lektion gelernt.

Nun aber Franz Beckenbauer… Dem einzigen Kaiser, den als Kaiser zu akzeptieren ich in der Lage bin, hat das Schicksal oftens schlimmer mitgespielt, als es der Fußball-Laie glauben mag. Nicht nur die verlorenen zwei Champions-League-Finale in den Jahren 2010 und 2012 müssen arg an ihm genagt haben, nicht nur die schwarzgelben aus dem Pott, schon so etwas Profanes wie des Kaisers Geburtstag (11.September!) ist seit nunmehr elf Jahren mit dramatischen Gefühlen behaftet. Und doch hat Franz Beckenbauer seine Kaiserhaftigkeit nie verloren! Da möchte ich exemplarisch an jenen Ratschlag erinnern, den er zur Fußball-WM 2006 dem Volk erteilte, indem er uns empfahl – so wie er – einfach mal mit einem Helikopter mit Glasboden über Deutschland zu fliegen. Denn, so der Kaiser lächelnd im TV: „… das ist schon, äääh, ein wunderschönes Land, liebe Freunde.“ Ein so herzlicher Rat konnte doch immer nur von einem echten Kaiser kommen. In den schwierigsten Situationen (HR-Moderatorin: „Darf ich Ihnen einen Apfelwein anbieten?“) reagierte er umsichtig und souverän (Kaiser, nachdem er dran genippt hat: „A Weizenbier wär mir jetzt lieber.“), seine Art war stets freundlich und bestimmt, in jedem Falle fachlich kompetent, ihn selbst als Mensch umgab die Aura eines Unangreifbaren. Ihn – und niemand sonst – hätten wir nach dem Fall des Wulff zum Bundespräsidenten wählen sollen.

Doch warum schreibe ich das?

Gerade heute erinnerte mich ein Lied an den Tod von Johnny Cash, der uns damals Abends um neun so plötzlich getroffen hat. Das war schlimm, denn keiner hat damit gerechnet! Und das war schlimm. Doch der Tag wird kommen – seid diesmal also darauf vorbereitet – dass selbst ein Franz Beckenbauer nicht mehr unter uns weilen, an dem ein Basti oder sonstwer in die Kneipe rennen und rufen wird: „Der Franz ist tot!“

Und wer sich dann über das Kerzenlicht beschwert, bekommt auf diesem Blog einen Monat Hausverbot!

Über Dominic Memmel

Eine gesunde Mischung aus Kommunikation & Menschenkenntnis
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7 Antworten zu Zum Tode von Franz Beckenbauer

  1. Pingback: Zum Tode von Franz Beckenbauer « Blog des Germanys next Bundeskabinetts

  2. der_emil schreibt:

    Ich wollte grad ein Fläschchen öffnen und mich freuen – hätt ja sein können, daß deswegen dieses Gerenne hinter einer mittlerweile mit künstlichem Schweinsblasenersatz gefüllte Kugel aus Lederersatz her …

    Aber Johnny Cash: Das war wirklich ein Verlust.

  3. nextkabinett schreibt:

    Also, ich versuche noch immer den Subtext zu entschlüsseln. Wie gesagt, Totgesagte leben länger. In diesem Sinne wünschen wir Deinem hochverehrten Kaiser Franz ein langes, langes Leben …

  4. Pingback: Aura-Scan (und anderer Hokuspokus) | mfis

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